Vitamin D schützt auch nicht bei Covid-19
Publiziert am 15. Februar 2021 von Werner Mäder
So langsam bröckelt der Glaube an das Wundermittel Vitamin D. Immer deutlicher zeigen die Indizien, dass das angeblich präventiv wirksame, sogenannte Sonnenvitamin stark überbewertet wird und dass die entsprechenden Präparate weder gegen Infektionen noch gegen das Coronavirus wirken.
Dies bestätigt auch Professor Dr. Thomas Rosemann, Direktor des Instituts für Hausarztmedizin der Universität Zürich, im Rahmen eines ausführlichen Interviews zum Thema im Tages-Anzeiger: "Alle ernst zu nehmenden Studien zeigen, dass zusätzliches Vitamin D nichts bringt, wenn nicht ein ausgeprägter Mangel vorliegt." Es gebe zwar ein paar schwache Hinweise darauf, dass bei ganz speziellen Gruppen von Menschen banale grippale Infekte und Harnwegsentzündungen etwas seltener vorkämen. Die statistische Relevanz dieser Daten sei allerdings sehr fragwürdig.
Rosemann warnt aber, dass der gegenwärtige Vitamin-D-Hype sogar gefährlich sein könnte: "Die in der Schweiz empfohlene Dosis von rund 800 Einheiten pro Tag schadet tatsächlich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. (…) Die Menschen glauben, dass besonders viel auch viel hilft. Das ist hier mit Sicherheit nicht der Fall. Bei zu hohen Dosen kommt es zu vermehrter Sturzneigung. Sehr grosse Vitamin-D-Mengen führen zu Nierenproblemen." Rosemann empfiehlt auch, auf Vitamin-D-Tests zu verzichten: "Die bringen nichts und kosten Unmengen Geld."
Eine gemeinsame Studie von Helsana und der Universität Zürich kommt zum Schluss, dass die Zahl der entsprechenden Tests sich zwischen 2012 und 2018 verdreifacht hat und dass der Anteil der getesteten Bevölkerung im gleichen Zeitraum von 7 auf 20 Prozent der angestiegen ist. Das Swiss Medical Board schätzt die Kosten für die Vitamin-D-Tests auf rund 90 Millionen Franken allein im Jahr 2018, welche die Grundversicherung unnötig belasten.
Hier können Sie das ganze Interview als PDF herunterladen.
Sehenswert sind auch die TV-Beiträge, die kürzlich zu diesem Thema in der Sendung Puls auf SRF erschienen sind. Unter dem Titel "Vitamin D in der Kritik – Entzauberung eines Wundermittels" befassen sich Experten mit dem «Sonnenvitamin» und der neuen grossen internationalen Do-Health-Studie, die zeigt, dass die Einnahme von Vitamin D für die gesunde Bevölkerung keinen Nutzen hat.
Weitere Informationen zu dieser Puls-Sendung und den ganzen Video-Beitrag finden Sie hier.
In einem weiteren Beitrag "Für wen ist Vitamin D empfohlen – Wo bringt es nichts?" wird zwar darauf hingewiesen, dass die Einnahme von Vitamin nicht in jedem Fall falsch ist. Die Abgabe sei gemäss Martina Heim Classen, Leiterin der Akutgeriatrie im Kantonsspital Graubünden aber nur in wenigen Fällen angezeigt, so bei Kleinkindern bis drei Jahren zur Rachitis-Prophylaxe, bei Schwangeren und bei hochbetagten Menschen, z.B. zur Behandlung oder Verhinderung von Osteporosen.
Aber insbesondere auch gegen Covid-19 sei die Behandlung mit Vitamin D unwirksam. Zu diesem Thema kommt auch Dr. Felix Huber, VR-Präsident von mediX schweiz und Mitglied der Covid-Taskforce des Bundes zu Wort. Er zeigt, dass man aus Studien, die einen Zusammenhang zwischen Viitamin-D-Mangel und schweren Covid-Verläufen herstellen, keine Kausalität ableiten könne. "Die Tatsache, dass der Bestand an Störchen abnimmt, ist auch nicht der Grund für sinkenden Geburtenraten." Ausserdem habe er sich die verfügbaren Studien genauer angeschaut, die eine positive Wirkung einer Vitamin-D-Abgabe auf den Verlauf von Covid-Erkrankungen behaupten. Diese Studien seien alle sehr mangelhaft durchgeführt.
Rosemann geht im Interview mit dem Tages-Anzeiger sogar noch einen Schritt weiter: "Zu Coronavirus-Ansteckungen selber gibt es überhaupt keine Studien. Allenfalls wundersame Fallberichte von Altersheimen, in denen alle Vitamin D bekommen haben und keiner an Covid-19 erkrankt ist. Solche Beobachtungen sind oft einfach Zufall."
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